

Wettbewerbsvorteile durch strategischen Umgang mit vernetzten Risiken
September 08, 2025
Von Kai Kuklinski
Country Manager Germany und Regional Manager Northern Europe
Die Herausforderungen, die es zu meistern gilt, um die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sicherzustellen, haben sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt. Früher dominierten additive Einzelereignisse, deren Auswirkungen zumeist isoliert betrachtet und gemanagt werden konnten. Heute treten hingegen viele Risiken gleichzeitig auf und sind eng miteinander verbunden. Hinzu kommt eine volatile geopolitische und makroökonomische Gesamtlage – eine echte Polykrise. Risiken bilden dadurch dynamische Netzwerke, in denen sich Gefahren gegenseitig beeinflussen und verstärken.
Diese neue Situation fordert das Risikomanagement heraus und verlangt nach einer Weiterentwicklung der bisherigen Methoden. Benötigt wird ein strategischer und vernetzter Ansatz, bei dem Prävention nicht länger in isolierten Silos erfolgt, sondern verschiedene Risikobereiche ganzheitlich berücksichtigt werden und zu einem vernetzten Ansatz aus „Predict-Prevent-Protect“ führen.
Umdenken ist gefragt: Vernetzte Risiken erfordern neue Antworten
Die Ergebnisse des aktuellen „AXA Future Risks Reports” unterstreichen die Dringlichkeit dieses Umdenkens. Klimawandel, geopolitische Instabilität und Cyberbedrohungen werden von Experten, Unternehmen und der Öffentlichkeit bereits im dritten Jahr in Folge als die größten Herausforderungen der kommenden Jahre identifiziert. Besonders deutlich treten die Wechselwirkungen vernetzter Risiken in den jüngsten Schadensstatistiken zutage: Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Stürme oder Hurrikane aber auch die Auswirkungen aus Hitzewellen führen nicht mehr nur zu Einzelschäden, sondern haben weitreichende Folgen. Vielmehr wirken sie sich auf Produktionsketten, Lieferwege, Infrastrukturen und sogar auf die globale Wirtschaft aus. Diese Kettenreaktionen erhöhen die Gesamtschäden erheblich. So beliefen sich die weltweiten versicherten Schäden durch Naturkatastrophen im Jahr 2024 auf rund 137 Milliarden US-Dollar. Damit wurde zum fünften Mal in Folge die Marke von 100 Milliarden Dollar überschritten. Gleichzeitig stiegen die wirtschaftlichen Gesamtschäden durch Katastrophen auf 318 Milliarden Dollar, wobei bemerkenswerterweise nur rund 43 Prozent davon versichert waren. Diese Schutzlücke verdeutlicht, dass ein erheblicher Teil der Risiken bereits heute un- oder unterversichert ist und stellt Unternehmen und Gesellschaften somit vor große finanzielle Herausforderungen, die durch die veränderte, vernetzte Risikolage wachsen wird.
Kumulation und Wechselwirkungen als neue Herausforderung
Ob Klimawandel, politische Spannungen oder Cyberangriffe – selten betreffen diese Entwicklungen Unternehmen noch einzeln und unabhängig voneinander. Immer häufiger treten mehrere Gefahren gleichzeitig auf und entfalten ihre Wirkung in einem engen Zusammenspiel. Solche Überschneidungen beeinträchtigen oftmals zeitgleich Lieferketten, Produktionsprozesse, IT-Systeme und die Sicherheit der Mitarbeitenden. Die wachsende Kumulation verschiedener Risikofaktoren macht deutlich, dass herkömmliche Steuerungs- und Absicherungsmechanismen an ihre Grenzen stoßen. Klassische Ansätze wie Selbstbehalte oder die gezielte Auslagerung bestimmter Risiken greifen unter diesen Bedingungen häufig zu kurz. Gefragt sind stattdessen umfassende, vorausschauende Analysen („Predict“), die die komplexen Wechselwirkungen im Blick behalten und so eine fundierte Entscheidungsgrundlage für wirksame Präventions- und Steuerungsmaßnahmen schaffen („Prevent“).
Proaktives Handeln als Wettbewerbsvorteil
Angesichts wachsender Bedrohungen und zunehmender Schutzlücken wird ein proaktives Risikomanagement zum entscheidenden Faktor für den unternehmerischen Erfolg. Unternehmen, die Risiken frühzeitig erkennen, bewerten und gezielt minimieren, stärken nicht nur ihre eigene Resilienz, sondern verschaffen sich auch einen klaren Vorsprung im Wettbewerb. Moderne Instrumente wie fortschrittliche Klima- und Katastrophenmodelle, präzise Geodatenanalysen oder KI-basierte Überwachungssysteme helfen dabei, sowohl schleichende als auch akute Gefahren besser zu verstehen und gezielt zu adressieren.
Unternehmen, die auf das Know-how spezialisierter Versicherer zurückgreifen, haben einen entscheidenden Vorteil: Sie müssen nicht selbst in eine Vielzahl eigener Tools und IT-Systeme investieren oder diese laufend auf dem neuesten Stand halten. Stattdessen erhalten sie Zugang zu aktuellen Analysen, individuell zugeschnittenen Risikoprofilen und maßgeschneiderten Präventionsmaßnahmen – alles aus einer Hand und stets am Puls der technischen Entwicklung.
Gerade bei neuen Technologien, etwa im Bereich erneuerbarer Energien oder beim Einsatz generativer künstlicher Intelligenz, ist die Unsicherheit oft groß. Hier unterstützen Risikoexperten dabei, Eintrittswahrscheinlichkeiten und potenzielle Auswirkungen einzuschätzen sowie effektive und effiziente Strategien zur Vermeidung und Absicherung zu entwickeln. Wer Risiken vorausschauend steuert, kann nicht nur Schäden und Kosten begrenzen, sondern auch seine Versicherungsprämien nachhaltig senken und seine Wettbewerbsposition langfristig sichern.
Neuartige Risiken erfordern neue Ansätze
Die fortschreitende Transformation zur nachhaltigen Wirtschaft ist ein prägnantes Beispiel dafür, wie neuartige und miteinander verflochtene Risiken Unternehmen vor bislang unbekannte Herausforderungen stellen. Die für die Energiewende erforderlichen Investitionen – Schätzungen zufolge bis zu 300 Billionen US-Dollar bis 2050 – verdeutlichen die Größenordnung der Herausforderung. Neben technischen und finanziellen Unsicherheiten bringen innovative Technologien im Bereich erneuerbarer Energien auch erhebliche regulatorische Herausforderungen mit sich. Versicherungsunternehmen leisten hier mit ihrer Risikoexpertise, maßgeschneiderten Deckungskonzepten und gezielter Beratung einen wichtigen Beitrag: Sie unterstützen bei der Projektfinanzierung, der Absicherung technischer Risiken und der Bewältigung komplexer Kredit- und Haftungsthemen. Durch ihre frühzeitige Einbindung können Risiken präziser bewertet und gezielt minimiert werden – ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Transformationsprozessen.
Mit vergleichbarer Dynamik entwickeln sich die Risiken im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung. Cyberangriffe treten immer häufiger und schwerer auf, während Datenschutzverletzungen und IT-Ausfälle immer höhere Kosten verursachen. Die jüngsten Umfragen unter Führungskräften zeigen: Ein Großteil der Unternehmen sieht sich nicht ausreichend gegen Cybergefahren gewappnet. In Deutschland schätzen laut dem Global Cyber Risk and Insurance Survey 2024 der Munich Re sogar 95 Prozent der C-Level-Verantwortlichen den eigenen Schutz als unzureichend ein. Diese hohe Zahl unterstreicht die Dringlichkeit, den Fokus nicht allein auf klassische Versicherungspolicen zu legen, sondern eigeninitiativ in Prävention und Resilienz zu investieren. Dazu zählen technische Schutzmaßnahmen, regelmäßige Überprüfungen und Audits, gezielte Schulungen von Mitarbeitenden sowie klare Compliance- und Reaktionsstrategien.
Versicherer können mit Blick auf ihr traditionelles Kerngeschäft ergänzend innovative Lösungen bieten, um Deckungslücken ihrer Kunden zu schließen. Wir von AXA XL haben beispielsweise eine spezielle Deckungserweiterung für die vielfältigen Risiken im Zusammenhang mit generativer KI entwickelt. Diese sind in herkömmlichen Cyberversicherungen in der Regel nicht gedeckt.
Aufgrund der Vielschichtigkeit und Dynamik der Bedrohungen ist zudem der Einsatz moderner Werkzeuge notwendig. Diese reichen von Geo-Footprinting über KI-gestützte Überwachungssysteme bis hin zu datenbasierten Szenarioanalysen. Nur so können vernetzte Risiken nicht nur erkannt, sondern auch bewertet, simuliert und gezielt gesteuert werden. Unsere Risk-Consulting-Teams entwickeln gemeinsam mit unseren Kunden passgenaue Präventions- und Steuerungsstrategien. Wir unterstützen sie bei der Einhaltung regulatorischer Vorgaben und beim Schutz ihrer Reputation. Mit dieser integrativen Herangehensweise kann die Widerstandsfähigkeit deutlich erhöht werden – auch und gerade in einem unsicheren globalen Umfeld.
Public-Private-Partnerships: Neue Impulse für die Absicherung systemischer Risiken
Die Diskussion um die Bewältigung von Großrisiken wie Naturkatastrophen, Pandemien oder Cyberangriffen erlebt aktuell eine neue Dynamik. Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Verbänden sind sich weitgehend einig, dass die Herausforderungen moderner, vernetzter Risiken die Kapazitäten der privaten Versicherungswirtschaft zunehmend übersteigen. Ebenso besteht Konsens darüber, dass eine Pflichtversicherung für Unternehmen kritisch gesehen wird. Stattdessen sprechen sich die Verbände und viele Unternehmen für ein Opt-out-Modell aus, das die Entscheidungshoheit wahrt und dennoch eine breite Absicherung ermöglicht.
Die aktuellen Debatten in Deutschland und Europa – etwa zur Einführung einer EU-weiten Rückversicherungslösung für Naturkatastrophen und zur Ausweitung solcher Modelle auf weitere systemische Risiken – zeigen, wie wichtig die Entwicklung tragfähiger Strukturen ist. Ein Blick ins Ausland, etwa nach Spanien, Frankreich oder Großbritannien, bestätigt, dass Public-Private-Partnerships ein wirksames Instrument zur Schließung von Schutzlücken und zur Erhöhung der gesellschaftlichen Resilienz sein können. Für den Erfolg ist entscheidend, dass Prävention, angemessene Anreize und die Berücksichtigung unternehmerischer Interessen integrale Bestandteile der Lösungen sind. Nur so lässt sich die Risikolandschaft der Zukunft nachhaltig und im Sinne aller Beteiligten gestalten.
Fazit: “Predict-Prevent-Protect“ als Leitprinzipien moderner Risikosteuerung
Die Zeiten, in denen Risiken isoliert gemanagt werden konnten, haben sich hin zu einer vernetzten und volatilen Risikolandschaft im Sinne einer Polykrise verändert. Unternehmen müssen sich auf diese vernetzten Risiken als neue Normalität einstellen. Ein vorausschauendes, planvolles Risikomanagement (Predict) mit starker Ausrichtung auf Prävention (Prevent) ist unerlässlich, um künftige Herausforderungen zu meistern und Schutzlücken zu schließen (Protect). Insbesondere internationale und breit aufgestellte Versicherungsunternehmen können dabei einen wesentlichen Beitrag leisten – nicht nur durch innovative Produkte und Deckungskonzepte, sondern vor allem durch ihre Datenkompetenz, ihr Fachwissen und ihre praxisnahen Beratungsleistungen. Diese versetzen Unternehmen in die Lage, Risiken frühzeitig zu erkennen, wirksam zu steuern und helfen ihnen dabei, ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.
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